Dienstag, 04. September 2007
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Erster Zeitungsbericht zum Großbranndt Emmerich am Rhein
Gegen halb zehn schrillten die ersten Sirenen. Eigentlich nichts Besonderes, seit die Feuerwehr ihr neues Domizil an der Weseler Straße bezogen hat, kommen die Wagen fast immer in unmittelbarer Nähe zu unserem Haus vorbei.
Aber diesmal hörte der Alarm nicht auf.
Irgendwann schauten wir aus den Fenstern, um eventuell etwas Ungewöhnliches zu sehen.
Und wir sahen es: dicker, ölig schwarzer Rauch stieg in scheinbar unmittelbarer Nähe hoch. Bedrohlich, riesig, unwirklich. Flammen sahen wir nicht, nur diese fürchterliche Rauchsäule.
Aus Angst, das Feuer frisst ein Wohnhaus in einer der direkten Nebenstraßen, rannten wir nach draussen.
Wir rannten immer weiter. Nichts, auch keine Menschen, keine Autos, eine unwirkliche Totenstille umgab uns.
Der Brandherd schien doch weiter weg zu sein. Irgendwann keimte der Verdacht, es könnte der Güterbahnhof sein.
Inzwischen krachten Explosionen, vereinzelt, in Abständen. Und immer weiter quollen die dicken Wolken, unaufhörlich. Sie driften über den Rhein hinweg nach Südwest.
Hubschrauber kreisen, die Sirenen schrillen immer noch ab und an. Die ganze Gegend ist weiträumig abgesperrt. Und der Rauch ist unverändert ölig dick. Was um Himmels Willen brennt da? Hochexplosives sicherlich. Aber auch giftiges? Diesel? Die alten Dieselloks, die hier noch immer fahren, müsen ja irgendwo ein Depot haben, um aufzutanken. Ist das hier?
Und die Anwohner? Der Kindergarten nebenan? Die Wohnhäuser? Das Autohaus, der Pennymarkt? Wurde alles evakuiert? Wir kriegen hier nichts mit. Es ist gespenstisch. Radio WDR4 bringt nur "Schwarze Madonna " und ähnliches. Antenne Niederrhein können wir nicht empfangen.
Das Feuer findet noch immer unverändert unbegrenzte Nahrung, wie es scheint. Keine Spur von Eindämmung. Die Rauchwolken steigen wir schon vor Stunden, das Bild iaus dem Fenster ist unverändert.
Wir erinnern uns an 1971, als die chemische Fabrik in die Luft flog. Damals wohnten wir fast direkt daneben. Ich stand in der Küche und wickelte unsere kleine Tochter, als uns die Scheiben von Fenster und Balkontüre um die Ohren flogen.
Der Qualm verdunkelt den Himmel, der blaue Himmel verschwindet dahinter. Es ist so unwirklich. Wie in einem Film. Oder in einem Alptraum.
Der Qualm wird dicker.
Was passiert hier und jetzt? Das Nicht-Wissen, die Unsicherheit belastet uns. Darf man unbesorgt raus? Darf ich den Mangold gleich ernten und unbesorgt essen?
12.45 Uhr
nach einem Anruf von der Redaktion mit der Bitte um weitere Infos und Fotos habe ich die Kochtöpfe von der Platte gezogen und bin mit dem Fotoapparat und der Fitz losgefahren.
Der schwarze Qualm ist allgegenwärtig, unverändert dick und unheimlich. Nur die gespenstische Ruhe von heute morgen ist weg. Die Menschen stehen in Grüppchen beisammen und tuscheln. Jeder, der hinzukommt, wird gespannt angesehen: weiß der was Neues?
Ich fragte einen jungen Feuerwehrmann an der Absperrung, ob der Kindergarten evakuiert ist, und die anliegenden Häuser. Er meinte ja, oder evtl. soll das noch erfolgen. Er hat auch keine Informationen, er weiss genau so wenig wie ich.
Andere Strasse, wieder bis zur Absperrung, diesmal die Nierenberger, die unmittelbar hinter dem Güterbahnhof liegt. Der Qualm schiebt sich noch immer träge und doch irgendwie kraftvoll Richtung Rhein. Der Polizist an der Absperrung sorgt sich, dass der Wind sich dreht, dann müssen weitere Evakuierungen erfolgen. Also sind Kindergarten und Anwohner in Sicherheit. Der Pennymarkt ist auch geschlossen.
"Womit löschen die denn eigentlich? Doch wohl kaum mit Wasser, oder?" frage ich. Der Polizist weiß es nicht. Er weiss allerdings, dass auch der Bahnhof Emmerich bedroht ist. Ein weiterer Passant mit Fahrrad gesellt sich zu uns.
Er fragt, ob es die silbernen Fässer sind, die da brennen.
Der Polizist nickt. Scheint sol
"Da kam vor 1 1/2 Jahren so ein Holländer zu uns und wollte die Dinger in der Halle von... lagern. Aber wir nehmen nur Gefahrgut mit Stufe I. Und die Fässer haben wir abweisen müssen. Aber da ist nur so'n Harz-Zeug drin. Dat kann man ja auch riechen, dat dat Harz is."
Gerade lief was im Fernsehen. Ich saß hier oben am PC, und mein Mann hat nur noch im Hereinkommen die Riesenflammen gesehen, und dann war Schluss.
Hoffentlich sind keine Menschen zu Schaden gekommen.
Fabian01 um 13:46:38
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Montag, 28. Mai 2007
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Traurige Geschichte!
Ich ging zu einer Party, Mami, und dachte an deine Worte. Du hattest mich gebeten, nicht zu trinken, und so trank ich keinen Alkohol. Ich fühlte mich ganz stolz, Mami, genauso, wie du es vorhergesagt hattest. Ich habe vor dem Fahren nichts getrunken, auch, wenn die anderen sich mokierten. Ich weiss, dass es richtig war, Mami, und dass du immer Recht hast. Die Party geht langsam zu Ende, Mami, und alle fahren weg. Als ich in mein Auto stieg, Mami, wusste ich, dass ich heil nach Hause kommen würde: Aufgrund Deiner Erziehung- so verantwortungsvoll und fein. Ich fuhr langsam an, Mami, und bog in die Strasse ein. Aber der andere Fahrer sah mich nicht und sein Wagen traf mich mit voller Wucht. Als ich auf dem Bürgersteig lag, hörte ich den Polizisten sagen, der andere sei betrunken. Und nun bin ich diejenige, die dafür büßen muss. Ich liege hier im Sterben, Mami, ach komm' doch schnell. Wie konnte mir das passieren? Mein Leben zerplatzt wie ein Luftballon. Ringsherum ist alles voll Blut, Mami, das meiste ist von mir. Ich höre den Arzt sagen, Mami, dass es keine Hilfe mehr für mich gibt. Ich wollte Dir nur sagen, Mami, die haben einfach nicht nachgedacht. Er war wahrscheinlich auf der gleichen Party, wie ich, Mami. Der einzige Unterschied ist nur: Er hat getrunken, und ich werde sterben. Warum trinken die Menschen, Mami? Es kann das ganze Leben ruinieren. Ich habe jetzt starke Schmerzen, wie Messerstiche so scharf. Der Mann, der mich angefahrn hat, Mami, läuft herum, und ich liege hier im Sterben. Er guckt nur dumm. Sag' meinem Bruder, dass er nicht weinen soll, Mami. Und Papi soll tapfer sein. Und wenn ich dann im Himmel bin, Mami, schreibt "Papis Mädchen" auf meinen Grabstein. Jemand hätte es ihm sagen sollen, Mami, nicht trinken und dann fahren. Wenn man ihm das gesagt hätte, Mami, würde ich noch leben. Mein Atem wird kürzer, Mami, ich habe große Angst. Bitte weine nicht um mich, Mami. Du warst immer da, wenn ich dich brauche. Ich habe nur noch eine letzte Frage: Ich habe nicht vor dem Fahren getrunken, warum bin ich diejenige, die sterben muss?
Fabian01 um 10:43:52
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